In unserem letzten Beitrag haben wir angedeutet, dass das Altern viel tiefer geht als die Falten, die weißen Haare und sogar die Gelenkschmerzen, die wir mit dem Älterwerden in Verbindung bringen. Sind Sie also bereit, herauszufinden, was im dunklen Schrank des Alterns mit den Ketten rasselt?
Die Autoren einer bahnbrechenden Studie (López-Otín & al.), die ursprünglich im Jahr 2013 veröffentlicht wurde, haben neun sogenannte „Merkmale des Alterns“ [hallmarks of aging] herausgestellt. 2023 aktualisierten sie die Merkmale auf zwölf, um der neueren Forschung Rechnung zu tragen. Den Autoren zufolge ist der gemeinsame Nenner dieser tiefgreifenden Veränderungen „(1) ihre altersbedingte Erscheinung, (2) die Beschleunigung des Alterns, wenn diese experimentell verstärkt werden und (3) die Möglichkeit, das resultierende Altern durch therapeutische Eingriffe zu verlangsamen, aufzuhalten oder umzukehren.“ (2023).
Obwohl diese Merkmale gleichzeitig auftreten können und dies oft auch tun, entwickeln sie sich in der Regel nacheinander und von Mikro- zu Makro- oder systemischen Schäden. Die primären Merkmale sind auf molekularer Ebene angesiedelt und scheinen die ersten Schäden zu verursachen. Wenn der Körper auf diese Schäden reagiert, treten die antagonistischen Merkmale auf. Die integrativen Merkmale sind schließlich Anzeichen dafür, dass der Körper zunehmend (systemisch) überlastet ist.
Hier sind also die 12 prägnant definierten Merkmale desAlterns:
Primäre Merkmale (Ursachen der Schädigung)
1. Genomische Instabilität (vermehrte fehlerverursachende Veränderungen, Mutationen und Umlagerungen in der DNA)
2. Verschleiß der Telomere (Schrumpfung der schützenden Chromosomenkappen)
3. Epigenetische Veränderungen (Veränderungen in den biochemischen Schaltern um die DNA)
4. Verlust der Proteostase (Veränderungen im Proteinmanagement des Körpers, insbesondere in der Faltung)
5. Beeinträchtigte Autophagie (Fehlfunktion des zellulären Abfallentsorgungssystems)
Antagonistische Merkmale (Reaktionen auf Schäden)
6. Gestörte Wahrnehmung von Nährstoffen (der Körper kann Nährstoffe nicht mehr richtig erkennen und auf sie angemessen reagieren)
7. Mitochondriale Fehlfunktion (die „Energiefabriken“ der Zellen sind weniger produktiv und erzeugen mehr Abfall)
8. Zelluläre Seneszenz (Zellen hören auf, sich zuteilen, sterben aber nicht ab und verursachen Entzündungen)
Integrative Merkmale (Auswirkungen von unkontrollierbaren Schäden)
9. Erschöpfung der Stammzellen (wenn sich diese Schlüsselzellen nicht mehr regenerieren, lassen sich Gewebe und Organe nicht mehr richtig „reparieren“)
10. Veränderung der interzellulären Kommunikation (zelluläre Signalwege verändern sich, was zu Anomalien führt)
11. Chronische Entzündung oder sogenanntes „Inflammaging“ (chronische, systemische Entzündungen auf niedrigem Niveau)
12. Dysbiose oder gestörte Darmflora (Ungleichgewicht in den Mikroorganismen-Gemeinschaften im Darm)
Dies sind also die Prozesse, die hinter den erkennbaren Symptomen stehen, die wir mit dem Altern in Verbindung bringen. Aber die gute Nachricht ist, dass wir nicht dazu verdonnert sind, die fortschreitende Zerstörung hilflos auszusitzen. Erinnern Sie sich an den dritten gemeinsamen Nenner der Merkmale, den wir oben erwähnt haben? Die Alterung kann nämlich „durch therapeutische Eingriffe verlangsamt, aufgehalten oder umgekehrt werden“.
Ist das denn, was mit „Anti-Aging“ gemeint ist? Finden Sie es in unserer nächsten „kurz & knapp“-Folge heraus!
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Quellen und weiterführende Literatur
López-Otín C, Blasco MA, Partridge L, Serrano M, Kroemer G. „The hallmarks of aging“. Cell.2013 Jun 6;153(6):1194-217. doi: 10.1016/j.cell.2013.05.039. Online: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3836174/
López-Otín C, Blasco MA, Partridge L, Serrano M, Kroemer G. „Hallmarks of aging: An expanding universe“. Cell. 2023 Jan19 ;186(2):243-278. doi:10.1016/j.cell.2022.11.001. Online: https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(22)01377-0
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